Die neue KI-Gesetzgebung der EU: Was bedeutet sie für Tschechien?
Am 1. April 2025 tritt das neu genehmigte Gesetz über Künstliche Intelligenz (KI) der EU in Kraft, das darauf abzielt, den Datenschutz zu verbessern und rechtliche Sicherheit für Unternehmen in allen Mitgliedstaaten zu schaffen. Tschechische Experten und Branchenführer warnen jedoch davor, dass diese Regelung Innovation hemmen und Investitionen aus der Region abziehen könnte.
Was regelt das Gesetz genau?
Die neue Verordnung, die strengere Vorschriften für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz einführt, verbietet bestimmte hochriskante Anwendungen, wie z.B. die Echtzeit-Gesichtserkennung und die automatisierte Lebenslaufprüfung für Stellenbewerbungen. Sie klassifiziert KI-Systeme in vier Kategorien, die auf ihrem Risikoniveau basieren, wobei der Schwerpunkt besonders auf hochriskanten und verbotenen KI-Systemen liegt.
Es werden KI-Systeme verboten, die Manipulation oder Täuschung von Individuen bewirken, Schwächen ausnutzen oder unfair diskriminieren. Dazu gehören Systeme, die das kriminalitätsbezogene Risiko basierend auf Persönlichkeitseigenschaften bewerten, Datenbanken ohne Zustimmung entwickeln, Emotionen in bestimmten Kontexten ableiten oder biometrische Daten nutzen, um sensible Informationen abzuleiten.
Die Regelung schränkt auch die echtzeitliche biometrische Identifikation in öffentlichen Räumen für Strafverfolgungszwecke ein, es sei denn, es handelt sich um spezifische Hochrisikosituationen.
Unternehmen, die sich nicht an das Verbot dieser KI-Praktiken halten, können mit Geldstrafen von bis zu 35 Millionen Euro (CZK 874 Millionen) oder bis zu 7 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes belegt werden.
Was sagen die Branchenexperten?
Befürworter argumentieren, dass das Gesetz die Rechte der Bürger schützen wird. “Wir möchten kein Sozialbewertungssystem wie in China, und das KI-Gesetz sollte dazu beitragen, dies zu verhindern”, erklärte Petra Stupková von der Tschechischen Vereinigung für Künstliche Intelligenz gegenüber den Medien. Sie räumte jedoch ein, dass einige Einschränkungen angepasst werden müssten, um Forschung und Innovation zu ermöglichen.
Kritiker hingegen führen an, dass das KI-Gesetz eine weitere Bürokratie hinzufügt, wodurch Europa zu einem weniger attraktiven Ziel für KI-Investitionen wird. Im vergangenen Jahr investierten US-Unternehmen etwa 100 Milliarden USD (CZK 2,3 Billionen) in die Entwicklung von KI – das ist zehnmal mehr als in Europa. Länder im Nahen Osten und China übertreffen die EU ebenfalls in Bezug auf KI-Investitionen und -Anwendungen.
„Die EU hat keine eigenen grundlegenden KI-Modelle, sozialen Netzwerke und Vertriebskanäle“, sagte Jan Romportl, ein Experte für Künstliche Intelligenz. „Wir bleiben bereits zurück, und eine weitere Regulierung wird die Situation nur verschärfen.“
Eine gefährliche Abwärtsspirale?
Ein zentrales Anliegen ist das Potenzial für Ausnahmen, die die Verwendung verbotener KI-Anwendungen, wie etwa Gesichtserkennung in bestimmten Szenarien, ermöglichen könnten. Beispielsweise verwendet der Flughafen Václav Havel in Prag bereits KI-gestützte Sicherheitskameras, und die Gesetzgeber diskutieren über deren Einsatz in Fußballstadien, um die Sicherheit zu erhöhen. Dies könnte zu einem einfachen Missbrauch führen, warnen einige.
Der tschechische Abgeordnete Patrik Nacher unterstützt die Idee, warnt jedoch vor einer breiteren Umsetzung. „Ich möchte nicht, dass dies eine Abwärtsspirale wird, in der die Gesichtserkennung von Stadien auf Nachtclubs und schließlich auf Restaurants ausgeweitet wird“, sagte er.
Das Risiko von Innovationshemmungen
Über Startups hinaus könnten auch größere Technologieunternehmen ihre Präsenz auf dem europäischen und tschechischen Markt aufgrund der strengen Compliance-Kosten in Frage stellen. Das KI-Gesetz enthält erhebliche Strafen, die als Prozentsatz des Gesamtumsatzes eines Unternehmens berechnet werden.
„Eines Tages könnten selbst Technologieriesen wie Meta entscheiden, dass es genug ist“, warnte Zdeněk Valut, Direktor der YDEAL Group. Patrik Tovaryš von Meta teilte diese Meinung und argumentierte, dass Regulierung oft Innovation in Europa behindert hat, anstatt sie zu fördern.
Mit der möglichen Rücknahme westlicher Unternehmen befürchten Experten, dass chinesische Unternehmen einspringen könnten, was ihren Einfluss auf die europäische KI-Infrastruktur erhöht. „China bietet oft Investitionen in die digitale Governance im Austausch für die Nutzung seiner KI-Werkzeuge an“, erklärte Valut. „Das birgt ein reales Risiko, dass europäische Daten in die Hände ausländischer Regierungen fallen.“